Von Tobias Wolf | 19. Juli 2021 | Wandern & Natur


Natur pur

Die Bodenmaiser Schachten

Bei einer Wanderung kannst du in die faszinierende Welt der Schachten eintauchen

Das Läuten der Kuhschellen gehört bereits seit Jahrhunderten unzertrennbar zum Hochsommer in den Hochlagen des Bayerischen Waldes. Bereits seit dem Jahre 1522 werden mehrere Schachten in der Arberregion von Weiderechtlern aus Bodenmais beweidet. Sie treiben alljährlich ihre Jungrinder auf die Bodenmaiser Schachten. Viele Geschichten haben sich im Laufe der Zeit dort zugetragen. Heute leistet die Beweidung einen wichtigen Beitrag zum Erhalt der Artenvielfalt in der Arberregion.


Warum Schachten keine Almen sind


Der Begriff „Schachten“ findet sich seit dem Jahr 1574 und wird für Waldweideflächen im Bayerischen Wald zwischen Bodenmais und Grafenau verwendet. Er dürfte auf die Zeit der Rodung des Waldes, des „Ausschachtens“ zurückzuführen sein. Andern­orts findet sich die Bezeichnung „Platz“ oder „Stand“ beziehungsweise in den Alpen „Alm“ und „Alpe“. Dort wurden die Almen jedoch mit Milchkühen für die Herstellung von Milch und Käse beweidet. Im Bayerischen Wald wurden Kalbinnen und überwiegend Jungstiere in den Wald getrieben, damit mehr Heu rund um die Hofstelle im Tal gemacht werden konnte. Wurde gewöhnlich das Vieh von Georgi (23. April) bis Michaeli (29. September) auf die Weiden getrieben, war die Zeit des „Blumbesuchs“ auf den Bodenmaiser Schachten von 1. Juni bis 10. Oktober auf genau 132 Weidetage festgeschrieben.


Den ganzen Sommer und Spätsommer lang lebten die Waldhirten abgeschieden auf den Schachten in kleinen, spärlichen Holzhütten. Die meisten Waldweiden liegen auf über 1000 Meter Höhe, die Hirten waren Wind und Wetter ausgesetzt. Ihr Lohn war die Verpflegung, bestehend aus Brot, Suppe und Sterz. Sie lebten von der Milch der Ziegen, die sie mit hochgenommen haben. Und von dem, was ihnen Botenjungen vorbeibrachten. Die Hirten sorgten sich um das Vieh der Weiderechtler. Waren es im Jahr 1848 in Bodenmais 112 Rechtler, sind ihrer heutzutage nur mehr drei. Heute werden noch 21 Stück niederbayerisches Fleckvieh auf die Schachten getrieben.


Früher Waldelefanten – heute Jungstiere


Mitteleuropa war über sehr lange Zeiträume von Großtieren, wie dem Mammut, dem Riesenhirsch, dem Waldnashorn und dem Waldelefanten bewohnt. Diese Tiere waren nicht nur Inventar des Waldes, sondern haben ihn ganz entscheidend geprägt. Sie schufen savannenartige Landschaften und lichte, strukturreiche Wälder. Auf solche Strukturen sind eine Reihe der heutigen Tier- und Pflanzenarten, wie beispielsweise das Auerhuhn oder der Ungarische Enzian, angewiesen. Über die Beweidung der Bodenmaiser Schachten werden vergleichbare Offenlandflächen geschaffen, wie es sie durch die „Großherbivoren“, sprich durch die „großen Pflanzenfresser“, gegeben hat.

Naturschutz im Wald

„Die naturschutzfachliche Bedeutung der Beweidung ist vielfältiger Natur“, so Johannes Matt, Gebietsbetreuer beim Naturpark Bayerischer Wald für die Arberregion. Er erläutert: „Auf den lichten, sonnigen Stellen siedeln sich Waldameisen an, die wiederum enorm wichtige Nahrungsquelle für die Küken des Auerhuhns sind. Zudem ist für sie bei einer niedrigen Grasnarbe die Gefahr des Auskühlens durch nasses Gras geringer. Der Ungarische Enzian besiedelt ebenfalls bevorzugt gut besonnte Bereiche und auch gerne in offenen Bodenstellen, die durch Weidevieh entstanden sind. Allein an diesen beiden Beispielen lässt sich die Bedeutung der Waldweide für den Naturschutz erkennen,“ so der Gebietsbetreuer.

Besonderer Anblick in den Arberwäldern

Früher mussten die Waldhirten jedoch mit wilden Bären rund um Bodenmais rechnen. So steht im Bergamtsarchiv Bodenmais folgendes für das Jahr 1748 geschrieben: „4 Rindl in Waldt geschlagen, davon aber hat der Perr (Bär) ains umgebracht und völlig aufgefressen“. Auch heftige Unwetter traten in den Hochlagen des Bayerischen Waldes nicht selten auf. Daher wurden die Schachten immer auf Geländerücken angelegt, um dem Vieh Schutz vor Wind und Wetter zu ermöglichen. Zudem bieten bis heute die uralten Unterstandsbäume, bizarre, teils hohle und von Moos und Flechten überwachsene Buchen und Bergahorne, den nötigen Schutz.

Bei einer ihrer Wanderungen in der Arberregion kannst du die Jungstiere bestimmt antreffen und das Läuten der Kuhschellen weit hin in den Wäldern hören. Im Arbergebiet rund um Bodenmais werden die sieben – mittlerweile eingezäunten – Schachten:

  • Arberschachten
  • Bodenmaiser Mulde
  • Buchhüttenschachten
  • Bürstling
  • Diensthüttenschachten
  • Hochzell
  • und Mittagsplatzl

mit insgesamt rund 50 Hektar traditionell beweidet. Diese teilen sich in 17 Hektar „Lichtweide“ und etwa 33 Hektar angrenzende Waldbereiche auf. Außerdem haben die Weiderechtler im Herbst nach Abweidung der Schachten das Recht, die „klassische Waldweide“ auszuüben. Das Bild von weidenden Kühen mitten im Wald ist heutzutage fast nirgendwo mehr zu sehen. Umso mehr ist das große Engagement der Bodenmaiser Weiderechtler zu würdigen. So bleibt zu hoffen, dass die Tradition aufrecht gehalten, der Beitrag zum Naturschutz gewahrt und das Geläut der Kuhschellen noch lange zu hören sein wird.

Infos zu Wanderungen zu den Bodenmaiser Schachten gibt’s in der Tourist-Info Bodenmais:

Telefon: 09924/778-135 | E-Mail: info@bodenmais.de oder hier.

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